Eine kommunalaufsichtliche Beanstandung der Senkung der Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer wird durch das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nicht ausgeschlossen, wenn die Gemeinde sich in einer anhaltenden Haushaltsnotlage befindet und das Haushaltssicherungskonzept nicht erkennen lässt, wie der Einnahmeverlust ausgeglichen werden soll. Das Grundgesetz gibt den Gemeinden zwar das Recht, ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich zu regeln und die Hebesätze für die Grund- und die Gewerbesteuer festzusetzen; dies wird jedoch nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet. Deshalb wird dieses Recht durch die in der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen geregelte Pflicht beschränkt, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und ggf. den Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder herbeizuführen.

Dies schränkt das Recht der Gemeinden zur Senkung der Hebesätze in Fällen einer schweren Haushaltsnotlage von unabsehbarer Dauer ein. In einer solchen Situation darf die Gemeinde die Hebesätze nicht auf ein im kreis- und landesinternen Vergleich besonders niedriges Niveau festsetzen, wenn ein Ausgleich des Einnahmenausfalls weder konkret in der Haushaltsplanung vorgesehen noch absehbar ist.

Die Klägerin, eine kreisangehörige Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, verfügt seit 1999 weder über einen ausgeglichenen Haushalt noch über ein genehmigtes oder genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept. Bereits im Jahre 2003 hatte die staatliche Kommunalaufsicht ihr gegenüber im Wege der Ersatzvornahme den Hebesatz für die Grundsteuer B auf 391 v.H. und für die Gewerbesteuer auf 413 v.H. des Steuermessbetrages festgesetzt. Für das Haushaltsjahr 2005 senkte die Kommune den Hebesatz für die Grundsteuer B auf 350 v.H. und für die Gewerbesteuer auf 400 v.H. des Steuermessbetrages und erklärte, sie wolle damit die Abgabenbelastung ihrer Bürger reduzieren und Investitionsanreize schaffen. Trotz Beanstandung durch den Bürgermeister hielt der Rat der Gemeinde an diesem Beschluss fest. Daraufhin hob der beklagte Landrat als Kommunalaufsichtsbehörde den Ratsbeschluss auf.

-BVerwG, Urt. v. 27.10. 2010 – 8 C 43.09-