1. Eine Radfahrerin, die beim Befahren eines Radweges entgegen der Fahrtrichtung mit einem wartepflichtigen Pkw kollidiert, hat 1/3 ihres Schadens selbst zu tragen, wobei die Tatsache, dass sie keinen Schutzhelm getragen hat, ihren Eigenhaftungsanteil (bei einem Unfallereignis aus dem Jahre 2013) nicht erhöht.

Der Pkw hat den Unfall in erheblichem Umfang verschuldet, auch wenn er zunächst im Einmündungsbereich angehalten hat und dann langsam abgebogen ist. Gegenüber der Radfahrerin war er wartepflichtig. Die Radfahrerin hat ihr Vorfahrtsrecht nicht dadurch verloren, dass sie den kombinierten Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung befahren hat, obwohl dieser für eine Nutzung in ihrer Fahrtrichtung nicht mehr freigegeben war. Ein Radfahrer behält sein Vorrecht gegenüber kreuzenden und einbiegenden Fahrzeugen auch dann, wenn er verbotswidrig den linken von zwei vorhandenen Radwegen nutze.

  1. Die Radfahrerin ihrerseits hat den Unfall mitverschuldet, weil sie mit ihrem Fahrrad den an der Unfallstelle vorhandenen Geh- und Radweg entgegen der freigegebenen Fahrtrichtung befahren hat.
  2. Demgegenüber rechtfertige das Nichttragen eines Schutzhelms keine Anspruchskürzung zulasten der Klägerin. Zur Unfallzeit im Jahre 2013 hat keine gesetzliche Helmpflicht für Radfahrer bestanden. Das Tragen von Fahrradhelmen hat zudem nicht dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprochen, was der BGH noch im Jahre 2014, bezogen auf einen Unfall aus dem Jahre 2011, festgestellt hat (BGH, Urt. v. 17.06.2014 – VI ZR 281/13). Der Mitverschuldensanteil der Radfahrerin ist mit 1/3 zu bewerten.

-OLG Hamm, Urt. v. 04.08.2017 – 9 U 173/16-