1. Ein Motoradfahrer ist nicht bereits deshalb von der Helmpflicht zu befreien ist, weil er aus religiösen Gründen einen Turban trägt. Die in § 21a Abs. 2 StVO angeordnete Pflicht, beim Motorradfahren einen geeigneten Schutzhelm zu tragen, ist zwar geeignet, den Kläger als gläubigen Sikh mittelbar in seiner Religionsausübungsfreiheit zu beeinträchtigen. Er wird hierdurch zwar nicht an der Praktizierung seines Glaubens gehindert; bei der Befolgung der von ihm aus religiösen Gründen als verbindlich empfundenen Pflicht zum Tragen eines Turbans muss er aber auf das Motorradfahren verzichten. Diese Einschränkung ist auch mit Blick auf die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Religionsfreiheit grundsätzlich gerechtfertigt und vom Kläger hinzunehmen, weil sie anderen, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern Dritter dient. Die Helmpflicht soll nicht nur den Motorradfahrer selbst, sondern auch die körperliche und psychische Unversehrtheit anderer Unfallbeteiligter und der Rettungskräfte schützen. Sie könne durch den Unfalltod oder durch den Eintritt schwerer Verletzungen bei einem nicht mit einem Schutzhelm gesicherten Motorradfahrer traumatisiert werden. Ein durch Helm geschützter Motorradfahrer wird zudem im Fall eines Unfalls eher in der Lage sein, zur Rettung anderer Personen beizutragen, etwa indem er die Unfallstelle sichert, Ersthilfe leiste oder Rettungskräfte ruft.
  2. Der Kläger beantragte im Juli 2013 bei der Stadt Konstanz die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, mit der er von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms beim Motorradfahren befreit wird. Er trage als gläubiger Sikh einen Turban.

-BVerwG, Beschluss v. 04.07.2019-