Die Anwendung der „Abgabe für Privatkopien“ auf Vervielfältigungsmedien, die von Unternehmen und Freiberuflern zu anderen Zwecken als Privatkopien erworben werden, ist mit dem Unionsrecht grundsätzlich nicht vereinbar. Eine solche Abgabe kann nur dann auf diese Medien angewandt werden, wenn sie von natürlichen Personen für deren privaten Gebrauch genutzt werden können. Nach der Richtlinie über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (RL 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – ABl. L 167, 10) steht das ausschließliche Recht der Vervielfältigung von Ton-, Bild- und audiovisuellem Material den Urhebern, den ausübenden Künstlern und den Herstellern zu. Gleichwohl können die Mitgliedstaaten die Anfertigung von Privatkopien gestatten, sofern die Rechtsinhaber einen „gerechten Ausgleich“ erhalten. Dieser soll dazu beitragen, dass die Rechtsinhaber eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke erhalten.
Der „gerechte Ausgleich“ ist als Gegenleistung für den Schaden zu sehen, der dem Urheber durch die von ihm nicht genehmigte Vervielfältigung seines geschützten Werks entstanden ist. Dieser Schaden stellt daher das grundlegende Kriterium für die Berechnung der Höhe des Ausgleichs dar. Die Richtlinie verlangt, dass eine Ausgewogenheit (ein „angemessener Ausgleich“) zwischen den Rechtsinhabern und den Nutzern von Schutzgegenständen gesichert werden muss. Daher ist grundsätzlich die Person, die eine solche Vervielfältigung für ihren privaten Gebrauch vorgenommen hat, verpflichtet, den Schaden wiedergutzumachen, indem sie den Ausgleich finanziert, der an den Rechtsinhaber gezahlt wird.

Jedoch kann sich der Nachteil, der sich aus jeder privaten Nutzung ergibt, einzeln betrachtet als geringfügig erweisen und keine Zahlungsverpflichtung begründen, zum anderen können praktische Schwierigkeiten auftreten, die privaten Nutzer zu identifizieren und sie zu verpflichten, den Rechtsinhabern eine Vergütung zu leisten. Unter diesen Umständen steht es den Mitgliedstaaten frei, eine „Abgabe für Privatkopien“ einzuführen, die die Personen belastet, die über Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung verfügen. Die Tätigkeit dieser Personen, d.h. die Überlassung von Anlagen, Geräten und Medien zur Vervielfältigung an private Nutzer oder die von ihnen erbrachte Dienstleistung der Vervielfältigung, stellt die notwendige tatsächliche Voraussetzung dafür dar, dass natürliche Personen Privatkopien erhalten können. Im Übrigen steht nichts dem entgegen, dass der Betrag der Abgabe in den Preis für die Medien zur Vervielfältigung oder für die Vervielfältigungsdienstleistung einfließt, so dass diese Belastung letztlich von den privaten Nutzern getragen wird und die Anforderungen des „angemessenen Ausgleichs“ gewahrt werden.
Ein System einer „Abgabe für Privatkopien“ sei nur dann mit diesem „angemessenen Ausgleich“ vereinbar, wenn die fraglichen Anlagen, Geräte und Medien zur Vervielfältigung zur Anfertigung von Privatkopien genutzt werden können und daher dem Urheber des geschützten Werks durch sie einen Schaden entstehen kann. Der EuGH ist nämlich der Ansicht, dass ein notwendiger Zusammenhang zwischen der Anwendung der „Abgabe für Privatkopien“ und der Verwendung zur Anfertigung von Privatkopien besteht.

Folglich stehe die unterschiedslose Anwendung der Abgabe auf alle Arten von Anlagen, Geräten und Medien zur digitalen Vervielfältigung, einschließlich in dem Fall, dass diese von anderen als natürlichen Personen zu eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien erworben werden, nicht in Einklang mit der Richtlinie.
Wenn dagegen die fraglichen Anlagen natürlichen Personen zu privaten Zwecken überlassen worden sind, sei es nicht erforderlich, nachzuweisen, dass diese tatsächlich Privatkopien angefertigt und somit dem Urheber des geschützten Werks tatsächlich einen Nachteil zugefügt haben. Bei diesen natürlichen Personen werde rechtmäßig vermutet, dass sie diese Überlassung vollständig ausschöpfen, d.h., es werde davon ausgegangen, dass sie sämtliche mit diesen Anlagen verbundenen Funktionen (der EuGH hat sich in diesem Sinne im Zusammenhang mit der Überlassung von Fernsehgeräten in Hotelzimmern geäußert – EuGH, Urt. v. 07.12.2006 – SGAE, C 306/05), einschließlich der Vervielfältigungsfunktion, nutzen. Daher reiche allein die technische Fähigkeit dieser Anlagen oder dieser Geräte, Kopien zu fertigen, aus, um die Anwendung der Abgabe für Privatkopien zu rechtfertigen, sofern diese Anlagen oder Geräte natürlichen Personen als privaten Nutzern überlassen worden sind.

Schließlich hat der EuGH daran erinnert, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, im Licht der Antworten zu beurteilen, ob das spanische System der „Abgabe für Privatkopien“ mit der Richtlinie vereinbar ist.

-EUGH, Urt. 21.10.2010 C-467/08-