1. Für die Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und Werkverträgen andererseits ist maßgeblich, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt.
2. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz, liegt ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag vor. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags dagegen nicht auf dem Warenumsatz, sondern schuldet der Unternehmer die Herstellung eines funktionstauglichen Werks, ist ein Werkvertrag anzunehmen.
3. Ein Vertrag über die Planung, die Lieferung und die funktionstauglichen Montage von Schiebe- und Klappläden an der Außenfassade eines Wohnhauses ist als Werkvertrag zu qualifizieren.
4. Die Abnahme eines Werks setzt die körperliche Entgegennahme des vom Unternehmer hergestellten Werkes voraus, soweit diese möglich ist, und die damit verbundene Erklärung des Bestellers, dass er das Werk als in der Hauptsache vertragsgerecht erbracht anerkennt.
5. Die Abnahme kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen und sich auf das Gesamtwerk (Gesamtabnahme) beziehen oder auf Teile des Werks beschränken. Eine ausdrückliche Abnahme liegt zum Beispiel vor, wenn der Besteller ein Abnahmeprotokoll unterschreibt. Fehlt es an einer ausdrücklichen Abnahmeerklärung, ist aufgrund des Gesamtverhaltens des Bestellers festzustellen, ob daraus auf eine konkludente Billigung des Werks als im Wesentlichen vertragsgemäß oder auf eine Abnahmeverweigerung zu schließen ist.
7. Lehnt der Besteller die Abnahme ab, kann unmittelbar der Werklohn beansprucht werden, wenn der Nachweis der Mangelfreiheit (im Wesentlichen) und damit der Abnahmereife geführt ist.
8. Der Besteller eines Bauwerks kann sich insbesondere nicht auf eine fehlende Abnahme berufen, wenn ein Mangel nach seiner Art, seinem Umfang und vor allem nach seinen Auswirkungen derart unbedeutend ist, dass das Interesse des Bestellers an einer Beseitigung vor Abnahme nicht schützenswert ist und sich seine Verweigerung deshalb als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. In diesem Fall ist der Werklohn des Unternehmers fällig.
-OLG Stuttgart, Urteil vom 02.06.2022 – 13 U 9/21, ibr-online-